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Gallensäureverlustsyndrom

Vorweg, dies ist kein wissenschaftlicher Artikel über das Gallensäureverlustsyndrom, sondern der Erfahrungsbericht eines Betroffenen!

Was ist das Gallensäureverlustsyndrom?

Beim Gallensäureverlustsyndrom ist die Wiederaufnahme der Gallensäure im Dünndarm gestört. Dadurch gelangt Gallensäure in den Dickdarm und führt dort zu starken (flüssig brennenden) Durchfällen, Fettstühlen (schwimmender, glänzender Kot) sowie Blähungen. Weitere sich dadurch ergebende Folgen können krampfartige Schmerzen sein sowie ein möglicher Vitaminmangel (A, E, K) und Fettsäuremangel.

Ursachen

Häufig tritt das Problem nach der operativen Entnahme der Gallenblase auf, beispielsweise wegen Gallensteinen.

Weitere Ursachen können das Blind-Loop-Syndrom, Diabetes, Zöliakie, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Morbus-Crohn oder eine Dünndarmresektion sein.

Hergang bei Entnahme der Gallenblase

Die Gallensäure wird in der Leber gebildet und in der Gallenblase zwischengespeichert. Fehlt nun aufgrund einer operativen Entnahme die Gallenblase, fehlt nicht nur der Speicher sondern auch der Regulator was zur Folge hat, dass die Gallensäure permanent „durchläuft“.

Wozu dient die Gallensäure?

Die Gallensäure dient bei der Verdauung dazu, im Dünndarm Fette aus der Nahrung aufzuspalten und aufzunehmen. Außerdem senkt sie den Säuregehalt des Nahrungsbreis (Neutralisierung).

Unbedingt Fachärzte aufsuchen

Unter Hausärzten ist das Gallensäureverlustsyndrom meiner Erfahrung nach oft entweder unbekannt, wird mit Reizdarm oder einer bakteriellen Ursache verwechselt. Daher kann ich nur dringend (nach einer negativ untersuchten Stuhlprobe!) anraten, einen Gastroenterologen aufzusuchen – das geht auch ohne Überweisung!

Wie lange dauert das?

Tja! Das kann ich leider nicht so genau beantworten…

Die erste Gastroenterologin sagte mir, zwischen fünf und sieben Jahren, dann »könnte« die Leber seinen „Sack“ für die Gallensäure bilden. Bei einem Folgetermin sechs Monate später war sie allerdings verwundert, dass das Problem überhaupt noch besteht… 🙄

Der zweite Gastroenterologe war schon etwas direkter: „Gallenblasen wachsen in der Regel nicht nach!„.

Dr. Google (Fachartikel, keine Forenbeiträge!!) sagt, fünf bis zehn Jahre in 60% der Fälle, die restlichen 40% müssen auf Dauer damit leben.


Meine Geschichte

Um die Geschichte schlüssig erklären zu können, muss ich ein wenig weiter ausholen.

Vorgeschichte

Ende Januar 2020 traten bei mir erstmals krampfartige Schmerzen auf. Sie kamen hauptsächlich in der Nacht, breiteten sich aus der zentralen Brust über die Seiten bis in den Rücken aus. Nach einer schlaflosen Nacht am Morgen danach war es so, als wäre nie etwas gewesen. Da ich zu dieser Zeit an einem Gartenprojekt gearbeitet habe, bildete mich mir ein, dabei möglicherweise einen Nerv eingeklemmt oder es einfach übertrieben zu haben.

Kaum zwei Wochen später trat das Problem erneut auf. Schubartige Krämpfe, wieder mitten in der Nacht. Am nächsten Morgen vereinbarte ich sofort einen Termin bei meinem Hausarzt.

Diagnose: „Rücken! – Überweisung zum Orthopäden.

Mehrere Wochen und mehrere Krampfanfälle später konnte der Orthopäde keine Probleme an meinem Rücken feststellen und schickte mich quasi zurück zu meinem Hausarzt. Nachdem mich dieser dann achselzuckend wieder nachhause schickte, eskalierte mein Problem Anfang April 2020.

Die Krämpfe traten erneut auf und zwar so stark, dass ich mich davon übergeben musste. Außerdem ließen sie nicht wie die vorigen Male am nächsten Morgen wieder nach. An diesem Tag landete ich in der Notaufnahme.

Gallenstein

Hier wurde per Ultraschall ein Gallenstein samt einer stark angeschwollenen Gallenblase festgestellt, die per Notoperation entnommen werden musste. Meine Krämpfe waren also Koliken.

Es folgte der übliche Papierkram über Art und Ausführung des Eingriffs. Leider blieb mir dabei der Satz des Arztes lebhaft in Erinnerung:

„Die Gallenblase ist im Grunde ein völlig überflüssiges Organ, da haben Sie keinerlei Folgen zu befürchten“!

Behandelnder Arzt, Notaufnahme

Erst einige Zeit später sollte ich feststellen, dass das so nicht der Wahrheit entspricht. Der Krankenhausaufenthalt dauerte drei Tage an (stark verkürzt, da die Klinik wegen der Corona-Krise Betten freihalten musste).

Nach der OP

Den Tag vor der Operation nichts Essen, im Krankenhaus gab es am ersten Tag nur zwei Zwieback, danach nur Diätkost. Das Personal hat sich wirklich toll um mich gekümmert, doch das Essen war krankenhausgetreu furchtbar!

Sie haben Spongebob getötet!!
Eierstich mit Schnittlauch-Kartoffelpüree, Spinat und Brühe

Mehrfach täglich fragten mich die Schwestern nach meinem Stuhlgang. Ich hatte keinen! Die andauernde Fragerei verwunderte mich, doch hinterfragte ich das nicht weiter.

Nach der Operation – Wundverbände mit Drainageschlauch

Durchfall

Einige Tage später kam es bereits zu Durchfällen. Hauptsächlich nach dem Essen und mehrfach täglich (bis zu sieben Mal!). Erst mit „Masse“, dann nur noch flüssig.

Bestimmt im Krankenhaus etwas eingefangen, dachte ich mir.

Nach acht Wochen konnte ich mir das aber nicht mehr länger einreden und machte einen Termin beim Hausarzt.

Diagnose: „Salmonellen!

Die Salmonellen-Behandlung schlug nicht an… Sechs Wochen, Mehrere Blutabnahmen, drei Stuhlproben und ein Allergietest später:
Diagnose: „…nur psychisch!“ (Reizdarm) – Überweisung zum Psychotherapeuten 😕

Eine nette Apothekerin, die ich verzweifelt um Rat fragte, kam dann erstmals mit dem Wort „Gallensäureverlustsyndrom“ auf. Sie informierte mich über Darmbakterien um die Darmflora wieder aufzubauen und Luvos Heilerde in Kapseln. Außerdem riet sie mir dringend, einen Internisten bzw. einen Gastroenterologen aufzusuchen. Da sich mein Hausarzt einer Überweisung verwehrte (denn er diagnostizierte bereits einen Reizdarm), erfuhr ich über meine Krankenkasse, dass dies jederzeit ohne Überweisung möglich ist.

Bereits mit der ersten Einnahme der Luvos-Heilerde veränderte sich mein Problem zum positiven. Es war nicht weg, aber die Anzahl der Durchfälle reduzierte sich merklich, auch das brennende Gefühl schwächte sich ab. Luvos nehme ich übrigens noch bis heute, drei Mal täglich. Es hat keine Nebenwirkungen (außer schönerer Haare und Nägel) und ist auch kein esoterisches „Zuckerprodukt“.

Leben in Toiletten-Nähe?

Muss ich mein Leben jetzt in einem geringen Radius um die nächste Toilette fristen? Und wie soll das beruflich gehen…?

Bereits nach wenigen Sätzen war der Gastroenterologin klar, dass es sich um das Gallensäureverlustsyndrom handelt. Sie verordnete Cholestyramin (Wirkstoff) bzw. das Medikament Lipocol (verschreibungspflichtig) vor jedem „großen Essen“. Bereits nach der ersten Tablette war der flüssige Dauer-Durchfall Vergangenheit. Der Stuhlgang ist zwar nach wie vor weicher als gewöhnlich, aber kontrollierbar und laut vielen Erfahrungsberichten die ich gelesen habe, betrifft das so die Mehrheit.

Ich fühlte mich gut beraten. Sie sagte, das Problem kann zwischen fünf und sieben Jahren bestehen, dann »könnte« die Leber seinen „Sack“ bilden und es gehört der Vergangenheit an. Wie oben schon geschrieben, bei einem Ultraschall kaum sechs Monate später war sie plötzlich verwundert, dass das Problem immer noch besteht und riet mir Lipocol abzusetzen.

Auch hier gilt, wie leider immer öfter: Unbedingt Zweitmeinung einholen!! Warum, habe ich oben unter dem Punkt „Wie lange dauert das?“ ja schon erläutert.

Das Absetzen führte schon direkt nach der nächsten Mahlzeit ohne Einnahme des Medikaments wieder zu unkontrollierbaren Dauer-Durchfällen.

Lipocol

Das Medikament sollte ich per Wiederholungsrezept über den Hausarzt beziehen. Schon bei der Erstbestellung führte das zu Problemen: „Warum? Wozu? Auf wessen Anordnung? (…) Ich habe auch keine Gallenblase mehr und mir geht es gut„.

Nun ist vielleicht besser verständlich, warum ich weiter oben geschrieben habe, dass das Gallensäureverlustsyndrom Hausärzten unbekannt zu sein scheint.

Es bleibt für mich als Kassenpatienten-Pöbel aber zu befürchten, dass das Wiederholungsrezept irgendwann erneut in Frage gestellt werden könnte und das Problem wieder mit voller Wucht einschlägt.

Wie ich mich heute ernähre

Kurz um: Relativ normal aber fettarm. McDonalds ist nicht mehr. Eis, Kuchen und Süßigkeiten in geringen Mengen. Man gewöhnt sich daran, das gilt auch für die Schlecklermäuler wie ich eines war. Rohkost ist problematisch – alles was den Darm reizt und anregt (Äpfel, Zwiebeln, Lauch, Kohl, Linsen usw.) geht nur och in geringen Mengen.

Auch sollte man sich nicht „überfressen“, also den Nachschlag am Mittagstisch besser auslassen. Zu scharf ist auch nicht gut, zu sauer ebenso nicht.


Übrigens…

Bist Du betroffen, setze Dich mit dem CBF Darmstadt in Verbindung. Ich habe einen Euro-WC-Schlüssel bekommen. Ist man oft unterwegs und bekommt Durchfälle, ist dieser Schlüssel das wertvollste Gut! Es muss aber unbedingt eine Diagnose zum Nachweis vorliegen!

Du bist auch betroffen?

Dann schreib mir in die Kommentarsektion oder über das Kontaktformular, ich freue mich auf einen Erfahrungsaustausch!

Update

Hier geht es zu einem Update bezüglich meines Gallensäureverlustsyndroms.